Rosswandspitze  (3157 m)

Vom Stilluppgrund über das Aschaffenburger Biwak und die Westflanke                                                                                           Schwierigkeit: T5

Rosswandspitze - Westflanke mit dem "Normalweg" - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Die bei unserem Aufstieg benutzte Westflanke der Rosswandspitze (3157 m), fotografiert unweit der Lapenscharte.

 

In den Zillertaler Alpen konzentriert sich das Interesse der Bergwanderer auf die Höhenwege und auf einige von markierten Steigen erschlossene Gipfel. Die Bergsteiger ihrerseits wählen in der Mehrheit die großen Gipfel im Hauptkamm. Die Rosswandspitze zieht da kaum Aufmerksamkeit auf sich, sie liegt im Ahornkamm, einem der ruhigen nördlichen Seitenkämme der „Zillertaler“. Dort verlassen wir die ausgetrampelten Pfade und suchen die unmittelbare Begegnung mit der Natur. Als autonome Selbstversorger beziehen wir ein schlichtes Biwak, im unmarkierten Gelände praktizieren wir die freie Wegsuche und am Gipfel genießen wir die fast garantierte Einsamkeit. Ein einzigartiges Hochgebirgserlebnis, insofern man die Fähigkeiten und die Bereitschaft mitbringt, auch sehr mühevolles und holpriges Gelände zu bewältigen.

 

Die Rosswandspitze erstiegen wir am 11. August 2011 über die Westflanke. Die Gipfeltour verbreitete Hochtourenatmosphäre, ihre Schwierigkeiten stuften wir als anspruchsvolle "Alpinwanderung" ein. Beim Abzweig (circa 2150 m) vom Aschaffenburger Höhenweg (Teilstück des berühmten Berliner Höhenwegs) begann das weg- und spurenlose Gelände. Nach teils anstrengenden 700 Höhenmetern erreichten wir das erste, mäßig steile Schneefeld (circa 2900 m) und kurz darauf eine Schuttrampe, mit der die alpinen Schwierigkeiten begannen. Um den bis 45° steilen Trümmerhang sicher zu besteigen, brauchte man absolute Trittsicherheit, Gewandtheit und Erfahrung mit hochalpinem Bruchgelände, das der auftauende Permafrostboden hinterlassen hatte. Es folgte ein harmloses zweites Schneefeld und das Erreichen des Grates zwischen südlichem Vorgipfel und Hauptgipfel. Zum Schluss wurde letzterer über den Südgrat erklettert. Es gab nur wenige und bis auf eine Ausnahme nicht ausgesetzte Kletterstellen (zwei Stellen 2. Grades, sonst 1. Grad). Wer genügend Erfahrung besitzt, wird die Feinorientierung am Südgrat ebenso genießen wie die senkrechten Tiefblicke hinab auf das Hasenkarkees.

 

Noch ein paar Worte zu unserer ersten Unterkunft, dem Aschaffenburger Biwak (2135 m). Es ist eine kleine Notunterkunft, die den Höhenwanderern und den Hirten dienen, die das Vieh auf den Hochweiden des Madereck- und Weißkars versorgen. In bescheidenem Maße kann man das Biwak auch für eine Gipfeltour nutzen. Man sollte den Aufenthalt allerdings nicht unnötig ausdehnen und die Hütte in tadellosem Zustand zurücklassen. Nach unserer Übernachtung im Biwak erreichten wir den Gipfel der Rosswandspitze bereits am frühen Vormittag. Zurück am Aschaffenburger Höhenweg schlugen wir den Weg zur Kasseler Hütte (2178 m) ein.

Rosswandspitze - Kasseler Hütte, Aschaffenburger Höhenweg - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Auf dem Aschaffenburger Höhenweg nähern wir uns den ausgedehnten Karen, auf denen sich das Aschaffenburger Biwak befindet.
Rosswandspitze - Kar entlang der Rosswand - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Vom Weg zum Biwak blicken wir auf den Felsriegel der Rosswand (ganz rechts) und auf die Kare (Mitte), über die der beste Aufstieg zur Rosswandspitze (links) verläuft.
Rosswandspitze - Aschaffenburger Biwak - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Unser Nachtquartier, das Aschaffenburger Biwak (2135 m), vor dem Großen Löffler.
Rosswandspitze - steile Gletscherschliffe - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Aufstieg zum Gipfel am nächsten Morgen: Auf den schönen Gletscherschliffen (in circa 2600 m Höhe) wird's schon mühsam.
Rosswandspitze - erstes Schneefeld - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Auf dem ersten Firnfeld in 2900 m Höhe. Unter der Südwestwand ahnt man bereits die nach rechts hinaufziehende Schuttrampe.
Rosswandspitze - steile Schuttrampe - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Die große Schuttrampe - hier ist alles locker!
Rosswandspitze - südlicher Vorgipfel - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Ankunft am Gipfelgrat: Rechts der südliche Vorgipfel der Rosswandspitze (3112 m), links die Hintere Stangenspitze (3225 m).
Rosswandspitze - Gipfelbereich, Südgrat rechts - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Der letzte Abschnitt des Aufstiegs, der Südgrat der Rosswandspitze, in der Draufsicht vom südlichen Vorgipfel.
Rosswandspitze - Blockkletterei am Südgrat - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Neuschnee am Südgrat der Rosswandspitze. Wir mussten auf die trügerischen, von Schnee zugedeckten Klüfte achten.
Rosswandspitze - Südgrat, luftige Kante - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Fester, sonnenwarmer Fels an einer luftigen Kante des Südgrats (Kletterstelle im 1. Grad).
Rosswandspitze - Gipfel Blick Keilbachspitze Löffler - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Die Keilbachspitze (3093 m; links) und der Große Löffler (3378 m; rechts) vom Gipfel der Rosswandspitze.
Rosswandspitze - Gipfel Ausblick zum Grundschartner - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Der Blick nach Norden entlang des scharfen Grates reicht bis zum Grundschartner (3064 m).
Rosswandspitze - unmarkierte, weglose Westflanke - Bergtour, Zillertaler Alpen, Tirol
Das riesige Weiß- und Madereggkar beim Abstieg. Steigspuren und Markierungen gibt es am "Weg" zur Rosswandspitze nicht.