Östliche Simonyspitze  (3446 m)

Über den Südostgrat (Normalweg)

Schwierigkeit:   WS

Östliche Simonyspitze - Routenverlauf Normalweg - Bergtour, Südostgrat, Essener-Rostocker-Hütte, Osttirol
Die beiden Simonyspitzen vom Türmljoch. Die Östliche Spitze (rechts) erreicht man von den Dellacher Keesflecken am unteren Bildrand über den Südostgrat, der als breiter Rücken drei Eisfelder trägt.

 

Bewertung:  WS

„Wenig schwierige“ Hochtour, die kombinierte Anforderungen in Firn und Fels stellt und solide bergsteigerische Erfahrung verlangt. In den mal guten, mal sandig-brüchigen Felsen des Südostgrates nur eine Passage im 2. Schwierigkeitsgrad (jedenfalls bei optimaler Feinorientierung), die Kletterei ist wenig ausgesetzt. Je nach Wegwahl 30° oder 40° steile Firnstrecken, bei Blankeis steigen die Anforderungen. Geringe Spaltengefahr nur bei genauer Einhaltung der Wegbeschreibung. Selbständige Orientierung oberhalb von 3000 Metern.

 

Ausrüstung: Eispickel und Steigeisen, bei Blankeis im Spätsommer zusätzlich Seil und Eisschrauben.

 

Routenverlauf: Essener-Rostocker-Hütte – Dellacher Keesflecke – Südostgrat – Östliche Simonyspitze – Abstieg zur Essener-Rostocker-Hütte auf derselben Route.

 

Höhenunterschiede: 1250 Höhenmeter in Auf- und Abstieg.

 

Gehzeiten:  7:15 Std.  (4:15 Std. im Aufstieg, 3:00 Std. im Abstieg).

 

Anfahrt: Vom Pinzgau durch den Felbertauerntunnel bis Matrei in Osttirol. Bis hierhin auch von Lienz durch das Iseltal. Von Matrei in das Virgental und dort weiter über Hinterbichl bis zum Parkplatz Ströden im Talschluss.

Oder mit der Postbuslinie 951 von Lienz über Matrei in Osttirol und durch das Virgental bis zur Endhaltestelle in Hinterbichl. Von Kitzbühel fährt die Postbuslinie 950X über Mittersill im Pinzgau bis Matrei und hat dort Anschluss an die Linie 951.

 

Ausgangspunkt: Essener-Rostocker-Hütte (2208 m); DAV Essen; Tel. 0043 / 4877 / 5101.

Vom hinteren Virgental zu Fuß zu erreichen: Ab Hinterbichl (1329 m) in 3:00 Std., ab Parkplatz Ströden (1403 m) in 2:30 Std..

 

 

Der Wegverlauf: Drei Hinweisschilder lenken unsere Schritte zu den Dellacher Keesflecken, einem Hochplateau am Fuße des Südostgrats der Östlichen Simonyspitze und das erste Etappenziel bei einer Besteigung. Das erste Schild findet man gleich hinter der Essener-Rostocker-Hütte (2208 m), das zweite am Wegabzweig zum Simonysee und das dritte nach etwa 500 Metern ab der Hütte. Hier verlässt man den weiter ins obere Maurertal und zum Türmljoch führenden Venediger-Höhenweg und folgt einem nach links (Nordosten) gerichteten und meist recht gut zu erkennenden Steig in die Steilhänge. Von vereinzelten Steinmännern geführt steigt man hinauf auf die Verebnungen der Dellacher Keesflecke (ca. 2650 m), einem Paradies aus Graspolstern, farbigen Felsen, sandigen Tümpeln und kleinen Rinnsalen. Die Wanderung zu diesem einsamen Platz inmitten gewaltiger Berge ist bereits ein sehr lohnendes Unternehmen.

 

Die nun zahlreicheren Steinmänner führen in nördlicher Richtung auf den breiten Südostgrat der Östlichen Simonyspitze. In 2975 m Höhe überraschte im Jahr 2013 ein weiteres Hinweisschild mit der Aufschrift „Dellacher Keesflecke 2679 m“, das ein Übereifriger offenbar zu weit hinauf getragen hatte. Abwechselnd über Firn, Schutt und Blöcke gelangt man auf das erste Firnfeld, das oben von der ersten Felsbarriere abgeschlossen wird. Auf seiner linken (südwestlichen) Seite kann man frühzeitig in die Felsen überwechseln, und zwar in dem Moment, in dem das Firnfeld merklich aufsteilt. Dort leitet links eine sandige Rinne sehr steil hinauf zum Südostgrat (2. Grad auf etwa 15 Metern; eventuell Steinmann am Fuß der Rinne). Über den Grat, flankiert von den senkrechten Abbrüchen zum Simonykees, klettert man dann hinauf zum zweiten Firnfeld (bis 1+).

 

Hinweis: Eine andere Möglichkeit den ersten Felsriegel zu überwinden besteht weiter rechts. Man ersteigt das erste Firnfeld bis zu seinem höchsten Punkt, dort, wo die Felsstufe oberhalb am niedrigsten ist. Der Firn steilt zuletzt spürbar auf (bis 40°) und verlangt meistens den Gebrauch der Steigeisen. Die Felsen erweisen sich an dieser Stelle als relativ sandig und brüchig, was eine Folge der noch nicht lange zurückliegenden Ausaperung sein dürfte. Über eine steile Stelle im 2. Schwierigkeitsgrad, dann in leichterem Fels (1. Grad) müht man sich hinauf und erreicht so ebenfalls das zweite Firnfeld.

 

Auf dem zweiten Firnfeld (weniger als 30°) steigt man fast bis zu seinem höchsten Punkt an, wobei man die linke obere „Ecke“ des Schneefeldes anpeilt. Dort quert man nach links in die Felsen der zweiten Felsstufe und befindet sich in Kürze wieder auf dem Südostgrat über dem Simonykees, wo man nach einigen kurzen Klettereinlagen (bis 1+) auch die zweite Felsstufe unter sich lässt.

 

Die Eiskuppel des Gipfels, das nur mäßig geneigte dritte Firnfeld, liegt nun vor einem. Wenn kein Blankeis droht, kann man mit offenen Sinnen dem atemberaubenden Finale entgegen stapfen. Wichtig: Am rechten (östlichen) Rand birgt die Eiskalotte die geringste Spaltengefahr. Dies galt zumindest im September 2012, als bei starker Ausaperung die höchstgelegene Spalte etwa 60 bis 70 Meter westlich des östlichen Eisrands zu erkennen war. Man hält sich also rechts, den Anblick der weißen Kuppel vor blauem Himmel bewundernd. Dann ist es so weit: Mit bewegtem Gefühl betritt man den verfirnten Schlussgrat an seinem östlichen Ende und überschreitet ihn nach links - streckenweise schmal und ausgesetzt - bis zum Gipfel. Auch wer wie der Verfasser dabei von einem überwältigenden Hochgefühl erfüllt ist, vergesse nicht seine Vorsicht und halte einen gebührenden Abstand zu den meist nordseitigen Wechten ein. Die Nachbarn Westliche Simonyspitze (3488 m) und Dreiherrenspitze (3499 m) ergeben mit ihren zerrissenen Gletschern eine Szenerie, wie sie auch in den Hohen Tauern nicht schöner sein könnte. Man wähnt sich eigentlich auf noch größerer Höhe, als es die erreichten, knapp dreieinhalbtausend Meter schon sind.

 

 

© Ulrich Clashausen