Hochfeiler  (3509 m)

 Von der Edelrauthütte über die Hochfeilerhütte zum Normalweg

 Schwierigkeit:  L

Hochfeiler - Normalweg, Routenverlauf - Bergtour, Gliderferner, Edelrauthütte, Südtirol
Der Hochfeiler von Süden mit dem Normalweg (durchgezogene Linie) und dem Direktabstieg zum Gliderferner (unterbrochene Linie).

 

BewertungL

„Leichte“ Hochtour, die aufgrund ihrer Länge große Ausdauer verlangt. Gute Trittsicherheit und hochalpine Erfahrung braucht man vor allem im Bereich des flachen Gliederferners (drahtseilgesicherte Gletscherschliffe, aperes Gletschereis, am Gletscherrand einzelne Spalten, instabile Seitenmoräne). An einer weiteren gesicherten Passage oberhalb der Hochfeilerhütte, vor allem aber am obersten Südwestgrat ist neben guter Trittsicherheit auch ein Mindestmaß an Schwindelfreiheit erforderlich. Im Frühsommer und in wechselhaften Sommern wartet dort ein ausgesetzter Firngrat bis 40° Neigung und die Schwierigkeiten steigen auf etwa WS („wenig schwierige“ Hochtour). Gute Farbmarkierungen und zahlreiche Steinmänner.

 

 

 

Am (vermeidbaren) Direktabstieg zum Gliderferner stößt man auf instabile Blöcke und Trümmer, die mit Vorsicht zu begehen sind (Stellen im 1. Grad). Hochalpine Erfahrung notwendig, wegen der wenigen Steinmänner auch eine gute Geländebeurteilung und Orientierungsfähigkeit.

 

 

 

Ausrüstung: Bei schneefreier Gipfelregion und aperem Gletscher benötig man nur die Wanderstöcke, allerdings sind Grödel oder Steigeisen auf dem Gliderferner angenehm. Bei Schneelage – sei es im Frühsommer, in schneereichen Jahren oder nach Neuschneefällen – braucht man Eispickel und Steigeisen. Auch das Seil, da auf dem schneebedeckten Gliderferner eine geringe Spaltengefahr existiert.

 

 

Routenverlauf: Edelrauthütte – Untere Weißzintscharte – Gliderferner – Hochfeilerhütte – Südwestrücken – Hochfeiler – Südwestrücken – Direktabstieg Gliderferner – Gliderferner – Unt. Weißzintscharte – Edelrauthütte.

 

Höhenunterschiede: 1400 Höhenmeter in Auf- und Abstieg.

 

Gehzeiten:  8:15 Std.  (4:45 Std. im Aufstieg,  3:30 Std. im Abstieg).

 

Anfahrt: Von Bruneck im Pustertal ins Ahrntal und weiter in das Mühlwalder Tal bis Lappach (bis hierhin auch mit den SAD-Buslinien 450 und 451). Von Lappach führt eine öffentlich befahrbare Straße hinauf zum Nevesstausee (Parkplatz).

 

Oder von Vintl im Pustertal ins Pfunderer Tal bis Pfunders (Haltestelle „Lärcher“, erreichbar mit der SAD-Buslinie 30). Von Pfunders kann mit dem PKW weiter gefahren werden bis Dun.

 

Ausgangspunkt: Edelrauthütte (2545 m; auch Rifugio Ponte di Ghiaccio und Eisbruggjochhütte genannt); Autonome Provinz Bozen (Südtirol); Tel. 0039 / 0474 / 653230. Zustieg von Lappach (1439 m) über den Nevesstausee in 4:00 Std., vom Nevesstausee (1856 m, Parkplatz) in 2:15 Std.. Oder Zustieg von Pfunders („Lärcher“, 1228 m) über Dun in 4:00 Std., von Dun (1608 m, Parkplatz) in 3:00 Std.

 

Weitere Übernachtungsmöglichkeit: Hochfeilerhütte (2710 m); AVS Sterzing; Tel. 0472 / 646071. Von St. Jakob im Pfitschtal (Angerhöfe 1474 m; Endhaltestelle der SAD-Buslinie 311) in 3:45 Std. zu erreichen, vom Parkplatz an der dritten Kehre der Pfitscher-Joch-Straße (1715 m) in 3:00 Std..

 

Die Wegbeschreibung: Von der Edelrauthütte (2545 m) folgt man dem in gleicher Höhe querenden Weg Nr. 1 in westlicher Richtung. Der Steig gewinnt langsam an Höhe und vollzieht in ungefähr 2800 Metern Höhe eine Richtungsänderung nach rechts (Norden). Im Schutt- und Blockgelände gelangen wir auf die Untere Weißzintscharte (2928 m), wo der Blick frei wird auf den mächtigen Hochfeiler, den Gliderferner zu unseren Füßen und auf die Stubaier Alpen am westlichen Horizont. Den Farbmarkierungen folgt man erst gerade hinab, dann schräg nach rechts über Schutt und Firn. Weiter hinab zu den großen Gletscherschliffen, wo sich die Route nach links wendet und zu einigen Drahtseilen führt. Mit ihrer Hilfe betritt man den hier flachen Gliderferner, der oft schon in der Julimitte sein blankes Eis zeigt. Am besten mit Steigeisen überquert man den Gletscher (in ca. 2690 m Höhe) und beachtet vor allem in den Randzonen seine wenigen, nicht sehr großen Spalten. Bei Firnbedeckung, wie sie zu Beginn des Sommers zu erwarten ist, rate ich trotzdem zum Anseilen. Wer sich aufmerksam umschaut, wird eine mit Steinschlagtrümmern überzogene Gletscherzone entdecken, die es bei der Rückkehr am Nachmittag zügig zu queren gilt: Mit „Nachschub“ ist zu rechnen! Am Nordufer des Gliderferners bekommt man es mit einer Seitenmoräne zu tun, deren Blöcke teilweise noch instabil aufeinander lagern. Knapp 40 Meter oberhalb stößt man wieder auf den guten Steig Nr. 1. In bequemer Wanderung geht es nach links (Westen) hinüber zur Hochfeilerhütte (2710 m). Hier stoßen wir auf die zahlreichen Bergwanderer, die aus dem Pfitscher Tal zur Hochfeilerhütte heraufgekommen sind.

 

Von der Hütte wenden wir uns erst einmal talauswärts (Nordwesten). Drahtseile leiten hinauf zu einem kleinen Fahnenmast auf dem Südwestrücken (ca. 2770 m), der bereits von der Hütte sichtbar gewesen war. An dieser Stelle fädelt auch der direkte Aufstieg vom Pfitscher Tal ein. Auf den nächsten 400 Höhenmetern existieren am Südwestrücken des Hochfeilers fast steigähnliche Verhältnisse. Immer wieder nähert man sich den teils senkrechten Abstürzen des Rückens auf seiner Südseite (zur Rechten). Auf etwa 3170 Metern Höhe wird der Blick frei auf den steilen Gipfelaufbau. Meist vergeblich versucht man seine Steilheit mit dem Auge abzuschätzen. Die Vorfreude (oder das Unbehagen) wächst. Auf dem nachfolgenden Flachstück (um 3200 m) fädelt die von rechts kommende Alternativroute ein, die wir später als Direktabstieg zum Gliderferner nutzen können. Der Abzweig ist allerdings - wie auch der gesamte Direktabstieg - kaum zu erkennen. Doch zurück zum Aufstieg: Der Steig macht nun eine deutliche Linksbiegung und nimmt einen steilen Abschnitt in Angriff. Anstrengend erreichen wir die letzte Gratsenke (ca. 3410 m) vor dem Gipfel. Der bis dahin breite Südwestrücken verengt sich nun zu einem schmalen Grat. Der Eindruck der sich vor uns aufbäumenden Gipfelpyramide wird von den beiderseits steilen Flanken bestimmt: links Eis, rechts Fels! Es wird tatsächlich etwas ausgesetzt, was aber jeden, der sich in Schutt und Neuschnee zu bewegen weiß, nicht weiter zu beunruhigen braucht. Kletterstellen gibt es jedenfalls keine. Als Lohn für die Mühe sind jedem die großartigen Fern- und Tiefblicke zu wünschen, die der Gipfel des Hochfeilers zu bieten hat.

 

Noch ein Wort zum Abstieg und zu dem auf 3200 Metern abzweigenden Direktabstieg zum Gliderferner: Hochalpin ausreichend erfahrene Bergwanderer können dort dem Betrieb am Normalweg ausweichen. Diese Variante ist allerdings schwieriger (1. Grad mit brüchigen Passagen) und schwerer zu finden (nur vereinzelte Steinmänner). Wichtig: In ca. 3000 Metern muss man scharf nach links um eine markante Felskante herumqueren, bevor es weiter bergab geht. Knapp oberhalb des Gliderferners mündet man dann wieder in den von der Hochfeilerhütte kommenden Weg Nr. 1 ein. Über den Gliderferner geht es auf bekannter Route zurück zur Edelrauthütte.

 

© Ulrich Clashausen