Großglockner  (3798 m)

 Über die Hohenwartscharte (Kärntner Normalweg / Weg der Erstbesteiger)

 Schwierigkeit:  WS+

Großglockner - Routenverlauf Kärntner Normalweg - Salmhütte, Hohenwartscharte, Erzherzog-Johann-Hütte, Kärnten
Der obere Teil des Normalwegs: Von der Erzherzog-Johann-Hütte (links) geht es über das schuttbedeckte Eis in die Felsen des Glocknerleitls und weiter auf den Doppelgipfel aus Kleinglockner und Großglockner (rechts).

 

Bewertung:  WS+

Mäßig schwierige Hochtour mit kombinierten Anforderungen in Fels und Eis, geeignet für erfahrene, schwindelfreie und akklimatisierte Bergsteiger. Mindestens fünf Stellen im 2. Schwierigkeitsgrad sowie längere Kletterei im 1. Grad, meist in sehr gutem Fels und in ziemlich starker Ausgesetztheit. Luftige Klettersteigstrecken mit zwei Stellen C (überwiegend B). Außerdem zwei im Jahr 2018 wenig spaltengefährliche Gletscherpassagen bis 30°-Neigung. In der ersten Sommerhälfte am Glocknerleitl allerdings oft Firn bis 40° oder 45°. Neuschnee ist aufgrund der Höhenlage häufig, dann steigen die Anforderungen. Die gesamte Route ist mit Farbmarkierungen, Sicherungsstangen, Fixseilen und Steinmännern reichlich markiert, der Firn auch nach Neuschneefällen schnell wieder gespurt.

 

Ausrüstung:

Helm, Klettersteigset zur Selbstsicherung, Eispickel, Steigeisen, Seil (Seil bei optimalen Schnee- und Gletscherbedingungen für sehr erfahrene Bergsteiger verzichtbar).

 

Der Routenverlauf:

1. Etappe: Glocknerhaus – Margaritzenspeicher – Stockerscharte – Salmhütte.

2. Etappe: Salmhütte – Hohenwartscharte – Erzherzog-Johann-Hütte.

3. Etappe: Erzherzog-Johann-Hütte – Großglockner – Erz.-Johann-Hütte – Hohenwartscharte - Salmhütte.

 

Höhenunterschiede:

1. Etappe:  720 Höhenmeter im Aufstieg,  220 Höhenmeter im Abstieg

2. Etappe:  830 Höhenmeter im Aufstieg,  20 Höhenmeter im Abstieg

3. Etappe:  390 Höhenmeter im Aufstieg,  1200 Höhenmeter im Abstieg

 

Gehzeiten:

1. Etappe:  3:30 Std.;   

2. Etappe:  3:30 Std.

3. Etappe:  6:00 Std.   (2:00 Std. Gipfelaufstieg, 4:00 Std. Abstieg vom Gipfel zur Salmhütte)

 

Anfahrt:

Von Bruck / Fusch im Pinzgau oder von Heiligenblut im Mölltal mit dem PKW über die Großglockner-Hochalpenstraße zum Glocknerhaus (Parkplatz).

Oder mit der Postbuslinie 5108 von Lienz nach Heiligenblut und weiter zum Glocknerhaus (Haltestelle „Glocknerhaus“).

 

Ausgangspunkt:

Alpincenter Glocknerhaus (2132 m); ÖAV Klagenfurt; Tel. 0043 / 4824 / 24666 oder 0043 / 664 / 2014595.

 

Unterkünfte:  

Salmhütte (2638 m), ÖAV Wien, Tel. 0043 / 4824 / 2089 und 0043 / 664 / 2265846.

Erzherzog-Johann-Hütte (3451 m), ÖAK Wien, Tel. 0043 / 4876 / 8500.

 

 

Wegbeschreibung ab Salmhütte: Hinter der Salmhütte (2638 m) durchquert der markierte Steig die steilen Schutthalden am Fuß der Schwerteck-Westwände. An den 200 Jahre alten Überresten der „Alten Salmhütte“ vorbei erreicht man bald das breite Kar zwischen Hohenwartkopf und Schwerteck. Ohne Berührung mit dem Hohenwartkees müht man sich eine Schutthalde in Falllinie der Hohenwartscharte hinauf (im Frühsommer wartet hier ein 45° steiles Firnfeld). In ungefähr 3080 Metern Höhe gelangen wir an den Fuß der Felsen und legen angesichts der senkrechten Klammerreihen die Klettersteigausrüstung und den Helm an. Die Steilheit lässt nach den ersten 20 Metern (Schwierigkeitsgrad C) zwar ein wenig nach, der Klettersteig (B) bleibt aber bis zum Ausstieg an der Hohenwartscharte  (3182 m) ausgesetzt.

 

Auf der Hohenwartscharte befinden wir uns am oberen Rand des Hofmannkees, zu dem wir in wenigen Minuten abklettern. Je nach Firnauflage queren wir den in diesem Bereich so gut wie spaltenfreien Gletscher (25°) mit oder ohne Steigeisen.

 

Anmerkung: Die geschilderte Spaltensituation galt für das Jahr 2018. Die Spaltengefahr kann seitdem auch wieder zugenommen haben!

 

Dabei halten wir uns aufgrund der Steinschlaggefahr aus den Wänden des Hohenwartkopfes (3308 m) nicht zu weit oberhalb - die Trümmer auf dem Eis zeigen die Gefahrenzone an. Nördlich (rechts) dieses Berges peilen wir den Schuttrücken der Salmhöhe (3282 m) an. Im weiteren Verlauf gibt es eine Gratverengung zu überwinden (eine Stelle 1+). Am wieder breiten Rücken geht es ohne weitere Schwierigkeiten hinauf zum höchsten Haus Österreichs, der Erzherzog-Johann-Hütte (3451 m) auf der Adlersruhe. Der Adler findet hier allerdings schon lange keine Ruhe mehr, zumindest nicht in der Sommersaison. In dieser Hütte, wie überhaupt in der Umgebung des Glockners, sollten wir unser Quartier also rechtzeitig reserviert haben.

 

Am nächsten Morgen kann ein konsequent früher Aufbruch den entscheidenden Vorteil bringen, um zumindest den Staus beim Aufstieg zu entgehen. Bereits nach kurzer Strecke betreten wir den wenig spaltengefährlichen, obersten Arm des Hofmannkees.

 

Anmerkung: Die geschilderte Spaltensituation galt für das Jahr 2018. Sie kann seitdem wieder gefährlicher geworden sein!

 

Wir folgen der ausgetretenen Spur hinauf auf das als „Bahnhof“ bezeichnete Gletscherplateau. Es folgt der Anstieg zum Glocknerleitl, der über schuttbedecktes Eis (bis 30°) führt. Am Fuße der Felsen erkennen wir zwei Fixseile, die lose von oben herabbaumeln und den Eintritt in das rinnenartige Glocknerleitl erleichtern. Diese Stelle ist die erste und vielleicht schwierigste „Zweierstelle“ der Tour. Im Hochsommer ist das Glocknerleitl oft so ausgeapert, dass man es in reiner Felskletterei (mindestens zwei weitere Passagen 2. Grades) bezwingen kann. Wenn im Juli die Felsen noch unter Schnee begraben sind, gibt es hier meist 40° oder 45° steile Firnpassagen. Beim Ausstieg auf dem Grat haben wir das Glocknerleitl geschafft.

 

Schwieriger wird es nicht mehr, dafür aber noch luftiger. Zunächst am steilen Südostgrat des Kleinglockners (eine kurze Stelle 2. Grades), dann am äußerst spektakulären horizontalen Grat, der zu seinem Gipfel führt (1+). Hier werden sich weniger Schwindelfreie vielleicht fürchten. Die fest installierten Sicherungsstangen können aber für eine beruhigende Seilsicherung genutzt werden. Vom Kleinglockner (3770 m) wird mit Hilfe fixer Seile (Schwierigkeit B-C) in die manchmal verfirnte Glocknerscharte abgestiegen. Auf der anderen Seite der Scharte beginnt die steile und ausgesetzte, aber herrlich griffige Schlusswand (30 Meter, wenige Stellen im 2. Grad). Über immer leichtere Felsen geht es zum Gipfel. Dort fällt der Blick zu allen Seiten in Tausendmeter-Abgründe und viele der benachbarten Dreitausender sind mittlerweile optisch zu unbedeutenden „Hügeln“ geschrumpft. Großartig!

 

Der Abstieg erfolgt auf demselben Weg.

 

 

© Ulrich Clashausen